Bundespräsident Horst Köhler, der als Präsident von gewaltiger Durchschnittlichkeit gilt, ist (vielleicht gerade deswegen) für Überraschungen gut. Seine Berliner Rede zur Globalisierung war eine solche Überraschung.
Ohne lang zu fackeln, machte der Präsident klar, woran die armen Länder leiden: An der Doppelmoral der Welthandelspolitik, an der Abschottung der westlichen Märkte und daran, dass die Industrieländer sie mit Produkten zu Dumpingpreisen überschwemmen. Anders gesagt: Die Armen verhungern auch am Reichtum der Reichen; und diese Reichen mauern sich ein in der Festung Europa, weil sie nicht teilen wollen.
"Europa fischt Afrikas Küsten leer und verweist Kritiker kalt lächelnd auf geschlossene Verträge": Das ist ein starker, ein richtiger Satz des Präsidenten - er entlarvt zugleich die Heuchelei der europäischen Flüchtlingspolitik. Diese Heuchelei sieht so aus: Erst macht der Westen die Wirtschaft der Entwicklungsländer kaputt, und wenn die Menschen dann, weil sie nicht verrecken wollen, aus ihrer trostlosen Heimat fliehen und sich an die Küsten Europas durchschlagen, verhöhnt man sie dort als Wirtschaftsflüchtlinge und behandelt sie wie Verbrecher.
Verantwortung wird von der EU-Politik an den Außengrenzen Europas abenteuerlich falsch übersetzt - in mehr Patrouillenboote, in mehr Grenzschutztechnik. Das ist sündhafte und gemeingefährliche Politik.
Die Köhler-Rede war keine Ruck-Rede, sie verlangte sehr viel mehr: einen ganz neuen Umgang mit den Schwellen- und Entwicklungsländern (auch in den internationalen Gremien) - ein "Miteinander auf Augenhöhe". Das wäre nicht nur ein Ruck, sondern eine politische und wirtschaftliche Revolution. |
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