Diskussion über Themen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) in/mit Westafrika einschließlich (und vor allem) der politischen sowie sozio-ökonomischen Bedingungen in den Ländern und was EZ bewirken kann -- oder auch nicht -- oder ob sie aber nicht sogar schadet. ACHTUNG: In Ermangelung von Kommentaren lediglich Beiträge zu EZ-Themen. _________________________________________________________________

7. September 2005

Ghana / Sinn EZ

Seit kurzem bin ich auch, zunächst vorübergehend, für Ghana zuständig und war letzte Woche dort. Das erste Mal. War natürlich begeistert. Keine Zemidjans in Accra. Und fahren alle so zivilisiert. Naja, das war nicht das Thema. Habe mich an den folgenden Leserbrief erinnert, der zum Thema passt:

[ Leserbriefe ] E+Z, Jg.45.2004:1, S. 8

Reformunfähig

Die meisten Feststellungen im Beitrag von Heinrich Bergstresser sind zutreffend. Zu kurz kommt jedoch, dass die heutigen wirtschaftlichen und finanziellen Probleme Ghanas überwiegend von den Gebern zu verantworten sind. Internationaler Währungsfonds und Weltbank haben mit ihrem Finanzmonitoring grässlich versagt und Ghana von 1997 bis 2001 in eine schlimme lnflation treiben lassen. Dass die ghanaische Regierung ebenfalls ein gerütteltes Maß an mangelnder politischer wie wirtschaftlicher Professionalität zu verantworten hat, ist unbestritten.
Alle bilateralen Geber haben Ghana inzwischen zum Schwerpunktland gekürt, das mit der daraus resultierenden Überförderung überfordert ist. Nicht das, was Land und Wirtschaft brauchen, wird gegeben, sondern das, was ideologisch motivierte Geber meinen geben zu müssen. Was mit den Finanzmitteln gemacht wurde, interessiert kaum jemanden. Post-Evaluation: völlig unbekannt. Dazu kommt noch der Unsinn, dass Nahrungsmittelhilfe gewährt wird, obwohl genügend im Land produziert wird. Und es könnte noch vielmehr produziert werden, wenn man nur den Bauern marktorientierte Anreize und eine Infrastruktur geben würde. Stattdessen werden sie mit neuen Anbautechnologien und neuem Saatgut traktiert, das keiner haben will. Die Entwicklungshilfe ist - leider- zu einer internationalen Arbeitsbeschäftigungsmaßnahme der Geber geworden. Der qualifizierte Ghanaer sucht schleunigst einen gut bezahlten Posten im Ausland, weil er zu Hause nicht zum Zuge kommt. Dafür entsenden vor allem die multilateralen Geber so genannte Experten von oft zweifelhafter Qualität, die - noch ehe sie das Land betreten haben - alles besser wissen. Und das BMZ beschäftigt sich nur noch mit den entwicklungspolitischen Kolossalfresken" (obwohl der Teufel bekanntlich im Detail steckt) und überlässt mehr oder weniger ohne Monitoring die Tagesarbeit den Vorfeldorganisationen, die ihrerseits die Durchführung an das Büro vor Ort delegieren.
Ob Bundeskanzler Schröder ein sachkundiges Briefing bekommt, ehe er am 23. Januar 2004 in Ghana für wenige Stunden einfallen wird? Wahrscheinlich nicht, es dürfte ihn auch nicht unbedingt interessieren, hat er doch zu Hause ganz andere Probleme. Und doch haben beide Länder einen wesentlichen Aspekt gemeinsam: Ghana und Deutschland sind im höchsten Grade reformunfähig.
Christian Potyka, Ministerialrat a. D., Accra
Hervorhebung: KDL
Der Mann spricht mir aus dem Herzen!

Bezüglich Nahrungsmittelproduktion ist mir auf den letzten 60 oder so km vor Accra aufgefallen, dass massenweise frische Tomaten an dem Expressway angeboten wurden. Wenn der Markt (Accra) vor der Türe liegt, fragt man sich, warum da keiner (Lawi-Min) die Vermarktung verbessert.

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