Diskussion über Themen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) in/mit Westafrika einschließlich (und vor allem) der politischen sowie sozio-ökonomischen Bedingungen in den Ländern und was EZ bewirken kann -- oder auch nicht -- oder ob sie aber nicht sogar schadet. ACHTUNG: In Ermangelung von Kommentaren lediglich Beiträge zu EZ-Themen. _________________________________________________________________

22. Dezember 2005

Agrarsubventionen

Kollege Chirac spielt den großen Afrika-Freund auf der Franceafrique im Senegal. Seine Politik der franz. Agrarsubventionen beuteln nicht nur uns, sondern vor allem auch Afrika. Wie einige Kommentare zum Blog von U.Specht ( http://blog.zeit.de/kosmoblog/ ) allerdings zeigen, ist aber auch hier schwarz-weiß Denken zu einfach.

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Mut zum Freihandel

Denis MacShane, ehemaliger britischer Europaminister, appelliert in einem Beitrag für den Tagesspiegel an die neue Bundesregierung, das unter Schröder eingegangene Schutz- und Trutzbündnis mit Paris aufzugeben. Blair habe sich in Sachen Britenrabatt bewegt. Doch anstatt

diese Gesinnungsänderung zu begrüßen, bestehen allerdings andere reiche europäische Länder weiterhin darauf, dass sie ihrerseits sich nicht bewegen und etwa auf Gespräche über eine Reform des Agrarhaushalts einlassen müssen. Sie verfahren nach der Devise: „Was wir haben, behalten wir, was Großbritannien hat, verhandeln wir weg.” (…)

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in London zu Recht darauf hingewiesen, dass der EU-Haushalt nicht von einem einzelnen Land abhängt. Deutschland kann nun vorangehen und deutlich machen, dass die geheime Absprache zwischen Gerhard Schröder und Jacques Chirac, wonach die protektionistische gemeinsame Agrarpolitik bis 2013 erhalten bleiben soll, jetzt von der neuen reformfreudigen Koalitionsregierung in Berlin noch einmal überdacht werden könnte. (…)

Wenn die Agrarprotektionisten in der EU also einseitige Opfer aus London erwarten, werden sie enttäuscht sein. Und da ein Sieg des Agrarprotektionismus in der EU auch die Chancen auf eine Einigung in der WTO zunichte macht, sind die Aussichten auf eine neuen Schub für die Wirtschaft Europas und der Welt trübe.

Die alte EU ist nicht mehr, und damit ist auch die deutsch-französische Achse hinfällig. Im neuen Europa geht es um Koalitionen der Willigen: Man sucht sich seine Mehrheiten gemäß der eigenen Absichten und Interessen.

Den französischen Protektionismus zu sichern und zu schützen liegt nicht im deutschen Interesse. Deutschland ist mit Freihandel seit Jahrzehnten bestens gefahren (nur die Ideologie tut sich schwer damit).

Und wenn Länder ihre Bauern subventionieren wollen, so sollen sie das tun. Diese Aufgabe aber Europa aufzubürden ist kontraproduktiv, sie schadet der EU. Ganz abgesehen von den negativen Auswirkungen des Agrarprotektionismus für die “Dritte Welt”.

Sich von Chirac für die französischen Interessen einspannen zu lassen, daran den EU-Haushalt und die Welthandelsrunde scheitern zu lassen - das wäre nicht gerade ein guter außenpolitischer Einstieg für eine Regierung Merkel, die sich mehr “Mut zur Freiheit” auf die Fahnen geschrieben hat.

ulrich speck | 10:17



4 Leserbriefe und Trackbacks

1. it`s a pity, dass Denis MacShane den international Agrarhandel komplett ignoriert.
Wer hier von Bauern spricht (bzw. farmern) hat wohl immer noch nicht verstanden, dass die Lobby des Agrarsektors nicht smf
(small and medium farmers) sind sondern Agrarkonzerne, die ihre Profite durch die EU-Protektionspolitik absichern.

Warum hat das Zuckermonopol in Europa so lange funktioniert?

Wer hat wohl ein Interesse daran, dass z.B. Brasilien nicht auf den europäischen meatmarket kommt?

Wer immer noch mit der deutschen Illusion lebt:

>Im Märzen der Bauer die Rößlein anspannt
Kommentar von Frank | 02.12.2005 | 14:06


2. der scheint nicht zu realisieren, dass big business auch im Agrarsektor existiert und expandiert.

Die smfs (small and medium farmers) spielen doch nur eine geringe Rolle im agrobusiness.

Ein Besuch in Chicago bei der cme
http://www.cme.com

dürfte den Bauernromantikern die Augen öffnen.

P.S.

Brasilien versucht seit Jahren eine Öffnung des red and white meat market in der EU und den USA zu erreichen?

Australienm, Canada und die USA versuchen vergeblich die Weizenexporte nach Japan zu steigern.
Da Reis für die japanischen commodity trader sehr profitabel ist, versucht hier das japanische agrobusiness weiter den closed shop zu erhalten.

Auch beim globalen agrobusiness ist es das Ziel die regionalen Extraprofite zu sichern.
Why not???

Die Bauernromantik ist Vergangenheit:

water under the bridge
Kommentar von Frank | 02.12.2005 | 14:24


3. “Blair habe sich in Sachen Britenrabatt bewegt”
So groß ist die Bewegung allerdings nicht: http://news.bbc.co.uk/1/hi/uk_politics/4491190.stm
Ob sich die Freihändler damit zufrieden geben, wenn Chirac einer Reduktion der Agrarsubventionen um 15% zustimmt, darf bezweifelt werden.
Kommentar von AM | 02.12.2005 | 19:43


4. Die egoistische Politik der großen englischen Grundbesitzer in Irland verursachte eine Hungersnot von 1845-1847. 1.5 Millionen Iren starben an Hunger. Es folgte eine enorme Auswanderung nach Amerika, denn sie exportierten Getreide im Grossen Stil, während das Volk verhungerte.
Kommentar von Denn Du bist Deutschland | 04.12.2005 | 16:22

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