Diskussion über Themen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) in/mit Westafrika einschließlich (und vor allem) der politischen sowie sozio-ökonomischen Bedingungen in den Ländern und was EZ bewirken kann -- oder auch nicht -- oder ob sie aber nicht sogar schadet. ACHTUNG: In Ermangelung von Kommentaren lediglich Beiträge zu EZ-Themen. _________________________________________________________________

22. Dezember 2005

Es muss ja nicht immer Amerika bashing sein ...

Gerade in Westafrika machen wir es uns wg. der Subventionierung der Baumwolle in den USA oft einfach und kritisieren die Amis. Und übersehen dabei gerne den Splitter, wenn nicht gar Balken im eigenen Auge.
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Die Doha-Runde

Es ist noch gar nicht so lange her, da beherrschten für ein paar Tage Bilder von erbarmungswürdigen afrikanischen Flüchtlingen unsere Zeitungen. Bilder von Leuten, die ihr Leben riskieren, die den halben afrikanischen Kontinent zu Fuß durchqueren, in der Hoffnung, daß sie in Europa ein etwas besseres Leben erwartet. Sie bekamen stattdessen eine menschenunwürdige Behandlung durch europäische Behörden und sie erlebten Deportationen, die ohne Lebensmittel und Wasser in der Sahara enden konnten. Das alles wird auch jetzt gerade wieder passieren, nur ist es eben als Schlagzeilen-Thema schon wieder überholt.

Wir hörten damals viele warme Worte von europäischen Politikern. Natürlich könne man diese Flüchtlinge nicht in Europa aufnehmen, aber wir hätten doch als Europäer die Aufgabe, dafür zu sorgen, daß es ihnen in ihren Heimatländern besser geht. Europa solle sich dafür engagieren, daß Afrika sich endlich entwickelt und das Leben dort ein wenig erträglicher wird. Warme Worte, wie gesagt. Und ich bin mir sicher, daß in den europäischen Ministerien für Entwicklungshilfe auch schon sehr eifrig an dem einen oder anderen symbolischen Projekt gearbeitet wird. Die Sorte Projekt, die nicht viel kostet und die vor allem darauf hinausläuft, daß ein Minister oder eine Ministerin das eine oder andere schwarze Baby auf den Arm nimmt, freundlich lächelnd einen Brunnen einweiht und zwei oder drei gute Bilder für die Pressemappe schießen läßt. Symbolische Entwicklungspolitik, bei der Symbole produziert werden, die vor allem europäischen Entwicklungspolitikern helfen.

Man könnte natürlich auch das Naheliegende tun und die Mitte Dezember in Hong Kong beginnenden Verhandlungen im Rahmen der WTO-Doha-Runde nutzen, um Agrarzölle zu senken oder noch besser, um sie abzuschaffen. Man könnte endlich die Märkte der ersten Welt für die Güter öffnen, die in Afrika nunmal vorrangig produziert werden. Man könnte Entwicklungspolitik betreiben, indem man schlicht und einfach den Markt entfesselt. Das würde nur wenige gute Pressefotos für Entwicklungspolitiker bringen, aber für Afrika wäre es eine gigantische Chance, endlich an der Globalisierung teilzunehmen und seine Entwicklung durch eigene Leistungen zu sichern.

Es ist übrigens die Europäische Union, die gerade noch so viele warme Worte an den afrikanischen Kontinent gerichtet hatte, die eine Senkung der Agrarzölle im Rahmen der Doha-Runde blockiert. Die USA drängen im Gegenteil darauf, daß dies endlich passiert. Natürlich ist auch die amerikanische Position in den Verhandlungen nicht makellos. Die Baumwoll-Lobby beispielsweise konnte durchsetzen, daß die USA sich gegen eine Befreiung dieses Marktes von Handelsschranken einsetzen. Aber aus einer afrikanischen Perspektive sind die USA mit ihrer im großen und ganzen auf einen Abbau von Agrarzöllen gerichteten Position wesentlich hilfreicher für Afrika als es die Europäer sind.

Man kann gar nicht genug betonen, wie dumm und kurzsichtig dieser offensichtlich nicht zu beseitigende europäische Protektionismus in der Landwirtschaft ist. Die Europäische Union läßt sich bereitwillig als Geisel sehr kurzfristiger Interessen vor allem französischer und deutscher Agrarlobbies instrumentalisieren. Diese Haltung gegenüber dem ärmsten Kontinent wäre schon aus moralischen Gründen schäbig. Aber sie ist auch noch dumm. Denn es sind nicht Amerikaner, die sich von afrikanischen Flüchtlingsströmen bedroht fühlen, sondern es sind Europäer. Es sind eigentlich nicht die Amerikaner, die daher ein akutes Interesse an einer schnellen Entwicklung Afrikas haben müßten, sondern die Europäer sollten dieses Interesse haben. Aber sie vergessen ihre Interessen und lassen sich stattdessen von protektionistischen Aktivisten-Clowns wie Jose Bove eine dumme und unmoralische Politik aufzwängen.

Posted by Statler on Wednesday, November 23rd, 2005 at 10:05 am

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