Diskussion über Themen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) in/mit Westafrika einschließlich (und vor allem) der politischen sowie sozio-ökonomischen Bedingungen in den Ländern und was EZ bewirken kann -- oder auch nicht -- oder ob sie aber nicht sogar schadet. ACHTUNG: In Ermangelung von Kommentaren lediglich Beiträge zu EZ-Themen. _________________________________________________________________

14. Juli 2007

Die Armen der reichen Länder geben an die Reichen der armen Länder

Mein Kollege, Namensvetter und Freund Dr. habil. Klaus Pähler, der in Abuja/Nigeria stationiert ist, hat anlässlich der kürzlich dort abgehaltenen Gouverneurs- und Präsidentschaftswahlen einen m.E. nach hervorragenden Artikel verfasst, Nigeria stolpert auf dem steinigen Weg zur Demokratie, der » hier als PDF-Datei herunter geladen werden kann. Er kommt zu folgenden, die internationale EZ für Afrika umfassenden Schlussfolgerungen (ich brauche nicht weiter darauf hinzuweisen, dass er mir aus dem Herzen spricht, und wir haben das Thema auch schon öfters in persönlichen Gesprächen – bei einem kühlen Bier, versteht sich – besprochen):
(Hervorhebungen durch mich)

Afrika steht heute – zumindest symbolisch – auf fast jeder zweiten politischen Tagesordnung. Das Schicksal von über 700 Millionen Menschen kann niemanden gleichgültig lassen. Vor allem, wenn diese Menschen vor dem eigenen europäischen Hause leben, immer nachdrücklicher anklopfen und die Haustür eines Tages gar eintreten werden. In mehr als vierzig Jahren Unabhängigkeit haben sich afrikanische Länder wie Nigeria zurückentwickelt, trotz ausländischer Hilfe in zigfacher Milliardenhöhe. Trotz eigener Reichtümer wie Öl oder Mineralien. Länder Südostasiens wie Malaysia, zur Zeit der Unabhängigkeit allenfalls gleichauf mit Nigeria, haben ohne größere finanzielle Hilfen und mit viel weniger Öl eine erstaunlich positive Entwicklung durchgemacht.

Ist es vielleicht gerade die Flut unverdienten Geldes – gut gemeinte Hilfen oder Öleinnahmen –, die die Entwicklung behindert hat? Ein Fluch des Ressourcenreichtums und ein Paradox der Hilfe? Politik und öffentliche Ämter bieten hier die Möglichkeit, schnell unermesslich reich zu werden, während die Bevölkerung im besten Falle darbt. Daher wird so hart um Zugang zu diesen Ämtern gekämpft: Sie sind eine – immer noch meist straflose – Gelegenheit zum Stehlen.

Sani Abacha hat in fünf Amtsjahren ebenso viele Milliarden US-Dollar zusammengerafft. Das sind drei Millionen am Tag. Zwei Drittel der Nigerianer müssen dagegen von weniger als einem Dollar am Tag leben. Hier liegen die Hauptursachen der Probleme jedenfalls Nigerias. Mit immer noch mehr Geld – mit einer Umverteilung von Geldern der Armen der reichen Länder an die Reichen der armen Länder, wie es in einer berühmten, Lord Bauer zugeschriebenen Wendung heißt – kann man dieses Problem nicht lösen, nur verschlimmern.

Die Menschen hier müssen endlich, mehr als vierzig Jahre nach ihrer Unabhängigkeit, die Verantwortung für sich selbst übernehmen, d.h. die Konsequenzen ihres Handelns oder eben Nicht-Handelns selbst tragen.

Dies wird nicht schmerzfrei abgehen, aber sie müssen es lernen, sonst werden sie bald in eine Globalisierungsfalle geraten, aus der es kein Entkommen mehr gibt. Afrika muss weg von seinen Kleptokraten hin zu einer wenigstens ein kleines bisschen besseren Staats- und Regierungsführung (governance) kommen. Nigeria stolpert bei dem Versuch, und noch ist nicht restlos klar, ob es stürzen oder weitergehen wird. Man kann und muss Nigeria wie Afrika dabei helfen, aus Humanität wie aus Eigeninteresse, aber weniger mit heißem Herzen als mit kühlem Kopf.

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