Afrika: Paradies der brutalen Selbstherrscher
Wir (z.B. in Deutschland) bekommen unsere eigenen sozialen Probleme nicht in den Griff, meinen aber, das in Afrika als Kulturfremde stemmen zu können. Einer der großen Irrtümer: Die Verwechselung politischer Prozesse mit technokratisch-administrativen!* Jüngstes Beispiel: die Economic Partnership Agreements (EPAs) der EU. (Zu weiteren Informationen hierzu siehe nächsten Beitrag; mehr dazu hier >> klicken)
Von Thilo Thielke, Nairobi
Die Krise in Kenia hat in Afrika viele Vorbilder. Der Kontinent leidet seit Jahrzehnten unter der Raffgier und Selbstherrlichkeit vieler seiner Führer. Gestützt wird deren Regime durch ein gut funktionierendes Netzwerk internationaler Entwicklungshelfer.
Auszug:
"Für die desolaten Zustände kommen also mehrere Faktoren zusammen: ein bestenfalls vordemokratisches Bewusstsein; Stammestraditionen, die extrem auf starke Führer ausgerichtet sind; Rentenstaaten, die fast nur von Rohstoffeinkünften leben und eine internationale Gemeinschaft, die sich benimmt, als sei es das normalste von der Welt, seinen Staat auszuplündern und Minderheiten auszurotten. Für das Desaster werden dann meistens die ungerechten, von den Kolonialmächten gezogenen Grenzen oder die Globalisierung verantwortlich gemacht. Und wenn das Chaos komplett ist, finden sich mit Sicherheit ein paar Helfer, die alles wieder aufbauen.
Der Rest der Welt trägt aber wirklich eine Mitverantwortung für das Desaster. Dass afrikanische Führer viel Geld für Waffen, Luxuskarossen und teuren Schnickschnack haben, liegt auch daran, dass sie sich um das Gesundheitswesen, die Infrastruktur oder die Bildung nicht mehr zu kümmern brauchen, weil in Afrika praktisch alles, was unter die Fürsorgepflicht des modernen Staats fällt, von ausländischen Helfern übernommen wird."
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Allerdings ist es in der Tat so, dass die kolonialen Grenzziehungen stark ursächlich für den Zustand Afrikas mitverantwortlich sind. So können keine Nationalstaaten entstehen, die m.E. unter anderem Voraussetzung für eine Demokratie sind (das frühere Jugoslawien lässt grüßen!). Dazu gehören auch: Dass der Staat das Gewaltmonopol besitzt (was bei uns schon zu Bismarcks Zeiten der Fall war), funktionierende rechtsstaatliche Institutionen wie ein unabhängiges Justizwesen bestehen, etc. pp. Alles das trifft in Afrika nicht zu!
Im Zusammenhang mit der Demokratiekrise in Kenia schreibt Mildred Ngesa, Journalistin bei The Daily Nation in Nairobi, dazu: "Wenn Demokratie Afrikas Probleme lösen soll, müssen historische, sozio-politische, kulturelle und ökonomische Defizite überwunden werden. Solange das nicht geschieht, bleibt Demokratie mittels Wahlen Utopie. Versäumnisse der Vergangenheit, soziales Unrecht und schlechte Staatsführung müssen korrigiert werden, damit tiefe Wunden heilen können." (in: >> E+Z 2/2008) (Hervorhebung: KDL)
Und was bewirkt Entwicklungshilfe, wie sie derzeit läuft, letztlich? Mit ihr halten wir korrupte Führer und Eliten sowie marode Staaten und Institutionen am Leben und verhindern so den demokratischen Wandel, den wir eigenlich fördern wollen. Oder wollen das unsere Herrschenden vielleicht doch gar nicht?!
* Vergl. hierzu eine interessante Untersuchung zu >> Budget Aid in Nicaragua
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