Diskussion über Themen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) in/mit Westafrika einschließlich (und vor allem) der politischen sowie sozio-ökonomischen Bedingungen in den Ländern und was EZ bewirken kann -- oder auch nicht -- oder ob sie aber nicht sogar schadet. ACHTUNG: In Ermangelung von Kommentaren lediglich Beiträge zu EZ-Themen. _________________________________________________________________

14. Februar 2009

Ghana: Tomato Farmers Commit Suicide

"A number of small scale tomato farmers committed suicide in 2007 as a result of their inability to pay off loans, according to findings of a study conducted to ascertain the implications of current trade reform programmes on small scale producers, especially women."

Ich gehe einmal davon aus -- was anderes, also eine eigenmotivierte und -bestimmte Entwicklung gibt es hier ja nicht (mehr) --, dass diese FarmerInnen von ausländischen Experten im Rahmen der Entwicklungshilfe, pardon Technischen Zusammenarbeit, in der Produktion von Tomaten "trainiert" und zur Aufnahme von Krediten "animiert" wurden. Diese Experten-Teams (oft ist dann noch ein Doktorand/PhD-Kandidat dabei, der die Chose wissenschaftlich begleitet) beraten und entscheiden in Unkenntnis der hoch komplexen sozio-politico-ökonomischen (gibt es diesen Term?!) Situation in Ghana und glauben sich aber im Besitz der technischen (Schul [TZ]-) Wahrheit. Dass sie die für sie politisch und kulturfremde komplexe Situation, die Bierwirth z.B. als Vorderbühne/Hinterbühne bezeichnet (den Literaturlink liefere ich noch nach), nicht kennen, kann man ihnen ja nicht vorwerfen. Höchstens die Arroganz, mit der sie diese Existenz ausblenden bzw. verneinen (... ich bin doch Agrar- oder was auch immer Experte, nicht Politiloge). Sie kennen aber auch nicht die ihnen eigentlich weniger fremde EU Agrar- und Handelspolitik, die ihr Projekt von Vornherein zum Scheitern verurteilt bzw. konterkariert -- und dafür gibt es ja wohl keine Ausrede mehr:

"At the time [2006] the Ministry of Trade and Industry confirmed that for the year 2000, Ghana imported about 10 million kilograms of tomato paste at about $8.9 million. This rose to about 12 million kilograms at $9.6 million in 2001. The year 2002 saw the importation of 16.4 million kilograms at a total cost of $12.7 million.

The European Union is reported to have exported 27, 000 tonnes of preserved tomatoes to Ghana in 2003. Though years 2004, 05 and 06 figures were not available, the trend suggested that in each year, Ghana's import volume of tomato paste jumped by about 23%.

Again, at the time tomato imports had put about 1,250 Ghanaian tomato farmers at risk of being pushed out of employment. According to the national president of the Peasant Farmers Association of Ghana (PFAG), Mr. Mohammed Nasiru Adams, over 700 tomato farmers had already been rendered unemployed as a result of the imports."

Natürlich weiß ich auch, dass das Projekt, pardon die Sektorförderung, in Regierungsverhandlungen entschieden (aufgrund von TZ-Expertise!) und festgeschrieben wurde (siehe unten zu Eliten) und den Agrarexperten keine Schuld trifft. Er tut ja nur seine Pflicht. Genau, da ist es: keiner ist verantwortlich, wir tuen alle nur unsere Pflicht.

(Nur am Rande (das hat mit meiner Argumentation hier nicht so viel zu tun):

"... it would be recalled that by 2006 Ghana was second only to Germany in the world, consuming an average of twenty-five thousand (25,000) tonnes of tomato paste in a year at a total cost of about 25 million dollars.")

Wir halten mit unserer Entwicklungshilfe (EH) die Eliten an der Macht, die nicht an der Entwicklung ihrer Landwirtschaft (u.a.) -- der den größten Sektoranteil an EH ausmacht! -- und damit an dem Überleben Tausender Menschen -- von unserem Ziel der Armutsreduzierung einmal ganz abgesehen -- interessiert sind, sondern nur an den durch Korruption "erwirtschafteten" Profiten der Importe, d.h sie sind (nur) an der Steigerung von Importen interessiert. Daher kann sich selbst in einem demokratischen Musterländle wie Ghana keine Entwicklung einstellen. Das Wachstum der Ära Kufuor war Wachstum ohne Entwicklung.

An all dem ändert auch nichts, dass hier ständig irgendwelche IMF, WB etc. Missionen weilen und die Finanz- und Sektorvertwaltungen von ihrer eigentlichen Arbeit abhalten --mehr als das Jahr Tage hat!

Aber wie mir meine Freunde von der TZ versichern (für die ich auch viele Jahre in den 1990ern gearbeitet habe), ich sei ja nicht mehr auf dem Laufenden, es habe sich doch Vieles verbessert! Na, da bin ich aber beruhigt ...

Dabei ist es völlig unerheblich, ob sich etwas im Detail verbessert (folglich ist auch das ganze Gedöns um die Steigerung der Aid Effectiveness vollkomnmen am Thema vorbei -- und die Hunderte von Millionen, die in entsprechende Konferenzen gesteckt werden, rausgeschmissenes Geld), wenn das ganze System nicht stimmt und kontraproduktiv ist.


Ich hoffe, Sie haben heute Ihrer Lieben/Ihrem Lieben Valentinsgrüße geschickt! Ich liebe dich! I love you. Je t'aime.

Hier der Link zum entsprechenden Artikel in Public Agenda (daraus sind die Zitate): >> Tomato Farmers Commit Suicide

Siehe auch: >> Is Ghana's Citrus Farming Being Ruined? (GhanaWeb)

In dem folgenden IRIN-Artikel wird auch noch einmal der Kontext zu den -- unheilvollen -- Auswirkungen der EPAs (sog. Economic Partnership Agreements der EU) dargestellt: >> Plummeting profits drive tomato farmers to suicide

P.S.:
Ich weiß, dass ich hier immer wieder Bekanntes -- und oft auch empirisch Nachgewiesenes -- holzschnittartig wiederhole. Es ist die Ausnahme, dass es dann so offensichtliche Fälle gibt: Normalerweise begehen die Geförderten nicht gleich Selbstmord (oder wir erfahren nie etwas davon; das ist nun wieder dem Musterländle Ghana geschuldet). Die negativen Auswirkungen auf das tägliche Leben der Zielbevölkerung ist i.d.R. viel subtiler!

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