Diskussion über Themen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) in/mit Westafrika einschließlich (und vor allem) der politischen sowie sozio-ökonomischen Bedingungen in den Ländern und was EZ bewirken kann -- oder auch nicht -- oder ob sie aber nicht sogar schadet. ACHTUNG: In Ermangelung von Kommentaren lediglich Beiträge zu EZ-Themen. _________________________________________________________________

21. Juni 2006

Zu Gast bei Freunden: Bitte nicht stören, ich habe zu denken

stern.de - 18.6.2006 - 10:42
URL: http://www.stern.de/politik/deutschland/563024.html?nv=cb

Die Augen sagen: Bitte nicht stören, ich habe zu denken

Von George Koomson

Von einem, der auszog, die Gastgeber der Welt kennen zu lernen: 14 Tage reiste der ghanaische Journalist George Koomson durch die Republik, um den Deutschen und dem Deutschen auf die Spur zu kommen.

Deutschland ist bei uns das Land mit wunderbaren Autos und wunderbarem Fußball. Ja, doch, Fußball auch. Mercedes-Benz, BMW und Volkswagen sind gut für das Prestige. Reiche Afrikaner, die einen Mercedes-Benz fahren, heißen bei uns Wabenzis: der Herr, der den Benz fährt. Natürlich kennt man hier Beckenbauer und Klinsmann. Und deutsche Trainer haben unsere Nationalmannschaft, die Blackstars, trainiert.

Seit langem schon gilt Deutschland für uns als ein Land, in dem man gut leben kann. Einen Ghanaer, der aus dem Westen kommt, mit viel Geld in der Tasche und gekleidet in feinstes Tuch, nennen wir Borga. Das kommt von Bürger, und meint vor allem die Ghanaer, die seit den 80er Jahren in Deutschland leben.

Durchschnittsverdienst: 450 Euro - im Jahr
Mein Monatsgehalt in Ghana beträgt etwa sechs Millionen Cedi, knapp 600 Euro. Damit stehe ich ziemlich oben in der Einkommensskala; in Ghana verdienen die Menschen durchschnittlich 450 Euro im Jahr. Ich habe ein kleines Haus nahe der Hauptstadt Accra, das ich nach 13 Jahren Arbeit günstig kaufen konnte. Dennoch, eben mal so 1000 Dollar für ein Flugticket auszugeben kommt mir selten in den Sinn. Diesen Betrag zu sparen ist schwierig genug. Und in Ghana wird alles cash bezahlt. Kreditkarten sind nicht üblich. Ich möchte dies vorausschicken, damit Sie später verstehen, warum ich immer wieder ins Staunen geraten bin.

Trotz meiner freudigen Aufregung über die Einladung des stern, nach Deutschland zu kommen, um das Land mit eigenen Augen zu sehen und zu beschreiben, war ich ein bisschen besorgt. Die Nachrichten über rassistische Angriffe auf Schwarze in Deutschland hatten auch Ghana erreicht. Bisher hatte ich das immer so eingeschätzt, dass vor allem Russland den Rekord hielt bei Angriffen auf dunkelhäutige Menschen. Auf dem Flug von Mailand nach Berlin war ich der einzige Schwarze und erwartete, auf dem Flughafen Tegel ausführlich kontrolliert zu werden. War aber nicht so. Ich war angenehm überrascht.

Sie sind einfach so
Nun, nach zwei Wochen Deutschland, sehe ich Land und Leute ganz anders. Ich erwartete Feindseligkeiten, und tatsächlich, in den ersten Tagen schien es mir Anzeichen dafür zu geben. Bei uns in Ghana ist ein Fremder nicht länger ein Fremder, nachdem man sich begrüßt hat. Ich weiß, in Europa ist das anders. Aber dennoch schien es mir eine Missbilligung, wenn Leute starr an mir vorbeischauten, um zu signalisieren, dass sie an ihrem Nachbarn nicht interessiert sind.

Doch dann geschah etwas Seltsames. In einer Berliner U-Bahn schaute mal wieder eine Frau beharrlich an mir vorbei, ich stieg aus dem Zug, und plötzlich hörte ich jemanden hinter mir herrennen. Es war die fremde Frau. Atemlos sagte sie, ein Notizbuch sei mir aus der Tasche gefallen, und reichte es mir. Ich dachte gründlich über diese Nettigkeit nach und kam zu dem Schluss, dass dieses ernsthafte Vor-sich-hin-Starren bei den Deutschen nicht Unfreundlichkeit oder Zurückweisung bedeutet. Sie sind einfach so.

Ein Schwarzer, der Cremetorte isst
Bei den Akan in Ghana, der ethnischen Mehrheit, zu der ich gehöre, werden Fremde mit einem Willkommen begrüßt. Es wird ihnen Wasser gereicht, man lässt sie ausruhen, und erst dann fragt man: Was gibt's Neues? Ein schweigendes Vorbeistarren wäre ausgesprochen unhöflich.

Bei meinen Besuchen in Berlin, Potsdam, München, Gelsenkirchen und am Schliersee haben die Deutschen mich nicht sonderlich wahrgenommen. Das ist nicht überraschend, denn Schwarze gibt es viele in Deutschland, besonders in den großen Städten. Auf dem Land allerdings ist das anders. In Bayern, in einem Tortenschlachtencafé, starrte mich ein ganzer Tisch, vier ältere Deutsche, an. Ich war der einzige Schwarze im Raum und hatte wie alle ein mächtiges Tortenstück auf meinem Teller. Sie glotzten mich an, als hätten sie noch nie einen Schwarzen gesehen, der Cremetorte isst. Der Mann wollte etwas sagen, er schien mir amüsiert, aber seine Frau hielt ihm die Hand vor den Mund. Und wieder mal fiel mir auf, dass viele Deutsche schlechte Zähne haben. Das kommt vom Tortenessen. Wir haben bessere Zähne, weil wir uns so viel Torte nicht leisten können.

Foto mit den Schalke-Fans
Nur einmal fühlte ich mich unbehaglich und bedroht. Das war in Gelsenkirchen, beim Fußballspiel Schalke 04 gegen Stuttgart. Ich trug, das stellte sich als klug heraus, eine blaue Schalke-Mütze, mit einem Autogramm drauf von Gerald Asamoah, dem Schalke-Spieler, der aus Ghana kommt.

Zum Glück hatte ich nicht die rote Mütze der Stuttgarter gewählt. Später hörte ich, dass die Stuttgarter Fans im Schalke-Stadion separat gehalten und dann gebeten wurden, die Anlage als Letzte zu verlassen, damit sie von Schalke nicht verhauen werden. Dafür gab's eigentlich keinen Grund, die Stuttgarter weinten still, weil sie 2 : 3 verloren hatten.

Die Schalke-Fans wollten unbedingt aufs Foto mit mir, ich fühlte mich richtig prominent, wegen der Asamoah-Mütze. Plötzlich bohrte mir einer, er war betrunken, den Finger in die Brust und sagte, die Deutschen würden wegen Hitler immer aller möglichen Dinge beschuldigt. Das müsse jetzt mal ein Ende haben. Die Deutschen wollten damit endlich in Ruhe gelassen werden. Er sagte noch, es gebe natürlich auch manche blöde rechtsradikale Deutsche. Ich sagte eilig, ich hätte doch kein Wort von Hitler gesagt. Da nahm er endlich seine Finger von mir, und ich konnte wieder frei atmen.

Gefährlich in deutschen Fußballarenen?
Ansonsten fand ich mich bei den Schalkern völlig integriert. Im Zug nach Gelsenkirchen, der Wagen war voll von Fans, sang ich begeistert mit für einen Schalke-Sieg. Sie umarmten mich, als ich sagte, ich wolle Asamoah sprechen, meinen Landsmann. Sofort wollten sie wissen, welche Chancen Ghana bei der WM habe. Ein junger Mann war ein großer Fan von Stephen Appiah, dem Kapitän unserer Mannschaft, und rief immer wieder begeistert seinen Namen. Anfangs hatte ich das Spiel in Gelsenkirchen gar nicht sehen wollen. Ich hatte gehört, dass es für schwarze Spieler gefährlich sei in Deutschlands Fußballarenen. Manche werden bespuckt und als Affen beschimpft. 

Es gibt auch Skins unter den Fans, klar. Aber was mir meist begegnete, war ein gewisser Charme der Deutschen. Man muss ihn nur entdecken in diesen abweisenden, meist grimmigen Gesichtern. Der Grimm gilt ja nicht mir, wie ich dann verstanden habe. Sie sind einfach so, die Deutschen. Sie schauen dich an und sagen dir: Bitte stör mich nicht, ich habe zu denken. Aber wenn man sie nach dem Weg fragt, dann lächeln sie und helfen.

Dünn, und dann noch Salat
Erstaunlich finde ich die deutschen Frauen. So sitzen viele dünne Frauen mittags beim Salat. Das ist verwunderlich. Dünn, und dann noch Salat. Bei uns essen nur Kühe Salat. In Ghana mögen wir die Frauen lieber dicker. Merkwürdig auch, wie viele Frauen hier in der Öffentlichkeit rauchen. Bei uns ist das eher ein bisschen, nun ja, halbseiden.

Unglaublich nette Leute hab ich gesprochen. Zum Beispiel den Skiweltmeister Markus Wasmeier am Schliersee. Er hatte sofort für mich Zeit, für den Journalisten aus Ghana. Das war toll. Er war übrigens der erste wirkliche Deutsche, der mir begegnete. In einem amerikanischen Reiseführer stand: "Wundern Sie sich nicht - manchmal sehen Deutsche einfach nicht aus wie Deutsche." Soll heißen: Nicht alle tragen Lederhosen. Und dann kam Wasmeier. In Lederhosen. Ich war entzückt. Er zeigte mir seinen ganzen Stolz - ein historisches bayerisches Museumsdorf aus dem 17. Jahrhundert, originalgetreu wieder aufgebaut. Mit Balken und sogar alten Holznägeln, zusammengetragen aus den verfallenen Dörfern der Gegend. Im Sommer soll das Museum eröffnet werden.

Die Schrebergärten in Recklinghausen bestaunt
Was mich am meisten überraschte in Deutschland, waren die großzügigen blank geputzten Bürgersteige, die sauberen Toiletten an den Autobahnraststätten und die Massen von Restaurants, wo man alles zu essen bekommt, was man will, den ganzen Tag lang. Bis auf mein Lieblings-Fast-Food aus Ghana, Maismehlkrapfen. Und dann erst die Mercedes-Sammlung in der Daimler City in Berlin. Hier stehen sie rum, die Träume aller afrikanischen Männer.

Ich hab das einstige Kohlenrevier in Essen besucht, heute heißt es Zollverein, ein schier gigantisches Industrie- und Arbeiter-Museum. Ich hab die Schrebergärten in Recklinghausen bestaunt. Nichts ist so deutsch wie ein Schrebergarten, wurde mir gesagt. Die Deutschen sind verrückt nach Schrebergärten. Und nicht nur die Deutschen. Inzwischen auch die Russen, die Polen, die Jugoslawen, die hier leben. Und alle stellen sie diese Figuren ins Gras - Gartenzwerge und Rehlein. Die schönste Armee von Gartenzwergen hab ich bei den Russen gesehen.

Gesetz ist Gesetz
Natürlich gibt's für die deutsche Kleingärtnerei auch ein Gesetz, das Bundeskleingartengesetz. Da steht drin, ich habe das nachgelesen, dass eine Schrebergartenhütte nicht mehr als 24 Quadratmeter haben darf. Wenn es 28 Quadratmeter sind, dann müssen eben vier abgesäbelt werden. Und was soll ich Ihnen sagen? Die Deutschen fluchen - und säbeln, hat mir ein Mann gesagt. Gesetz ist Gesetz.

Im brandenburgischen Treuenbrietzen zeigten mir die Polen, wie man flink Spargel sticht. "Arbeit gut, Sonne gut, alles gut. Nix verstehn", sagten sie lachend. Ich wunderte mich, dass ich als Afrikaner besser Deutsch spreche als die Polen, die in Deutschland arbeiten. Beim Friseur im Ort ließ ich mir die Haare schneiden. Die Friseurin sagte, sie habe noch nie einen Afrikaner in ihren Händen gehabt, und verpasste mir eine perfekte Kopfmassage.

Nur die Weißen klettern auf Berge
Auf dem Marktplatz steht ein steinernes Mädchen, das ein schreckliches Ende nahm: "Sabinchen war ein Frauenzimmer/Gar hold und tugendhaft/Sie diente treu und redlich immer/bei ihrer Dienstherrschaft." Bis sie dann einem verfluchten Schuster verfiel, der ihr den Schlund abschnitt. Das traurige Lied vom Sabinchen kennen alle Deutschen, wurde mir gesagt. Jedes Jahr gibt es in Treuenbrietzen die Sabinchen-Festspiele. Ein lustiges Trauer-Fest.

Am meisten beeindruckt hat mich der Wendelstein am Schliersee, ein Berg, 1838 Meter hoch. Bei uns klettern Schwarze nicht auf Berge. Das machen nur die Weißen. Die Berge zu erobern war für mich immer eine dieser merkwürdigen Eigentümlichkeiten der Weißen, die nicht darüber nachdenken müssen, wo morgen das Brot herkommt, und die zu viel Zeit haben. Aber nun verstehe ich, wenn die Weißen sagen: Der Berg ruft. Was heißt ruft? Der Berg hat geradezu nach mir geschrien. Ich kniete vor dem Gipfelkreuz, war dem Himmel nahe und dachte: besseres Leben führen. Die Menschen lieben. Sofort abnehmen. Fitness. Bauch muss weg. Geläutert entließ mich der Berg.

Das Brandenburger Tor. Aus Schokolade
Wir in Ghana sind ja stolz auf unseren enormen Kakaoexport. Aber was ich in diesem edlen Schokoladenland am Berliner Gendarmenmarkt bei Fassbender & Rausch gesehen habe, kann ich meinem sechsjährigen Sohn gar nicht schildern: das Brandenburger Tor. Aus Schokolade. Die "Titanic". Aus Schokolade. Der Reichstag. Aus Schokolade. Schoko-Kunstwerke wie diese hab ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.

Ein kleines Stück der Berliner Mauer steht noch in Berlin. Ost und West sind inzwischen so perfekt verschmolzen, dass es ein Puzzle für den Besucher ist, den Unterschied herauszufinden. Ich vermute mal, all die schönen neuen Gebäude stehen im früheren armen Osten.

Mit jeweiligem Käppi in Landesfarben
Am Checkpoint Charlie, dem einstigen US-Grenzübergang, wo der amerikanische Präsident Kennedy stand und den Menschen im Osten Mut zurief, hab ich mir von einem Türken eine Russenmütze gekauft, mit einem Anstecker, darauf Hammer und Sichel. Mit dem Kommunistenkäppi sollte ich vielleicht eher nicht nach Bayern gehen, aber hier in Berlin sitzt die PDS mit der SPD in der Regierung. Meine Gebrauchsanweisung für Deutschland: Der höfliche Tourist sollte sich ein Käppi in den jeweiligen Landesfarben zulegen, zum Beispiel Weiß-Blau für Bayern. Das weist ihn als interessiert und kenntnisreich aus, die Eingeborenen honorieren das und kriegen bessere Laune.

Ein paar Meter weiter an der ehemaligen Mauer entlang ist eine Ausstellung, genannt "Topographie des Terrors". Während am Checkpoint Charlie alles lustig und heiter ist, verstummen hier die Touristen. Es liegt eine bleierne Stille über der Anlage. Zum ersten Mal hörte ich hier die Originalstimmen der NS-Angeklagten aus dem Nürnberger Kriegsverbrecherprozess von 1946. Und ich wunderte mich, wie unbeirrt sie, als alles schon verloren war, ihre teuflische Nazi-Ideologie vor Gericht verteidigten. Das ist ein gutes Konzept der Ausstellung: Man geht vorbei, bleibt stehen, schaut hin, und plötzlich erfährt man etwas, was man vorher so noch nie gehört hat. Das ist unglaublich interessant. Das inzwischen weltbekannte Holocaust-Memorial am Brandenburger Tor ist auch so eine Gedenkstätte, die nachdenklich verwirrt. Man läuft durch ein Labyrinth von Steinen, verläuft sich, fühlt sich verloren, und so soll es wohl auch sein.

War der No-Go-Führer hilfreich?
Das waren alles wertvolle Erfahrungen für mich. Die meisten Leute, die mir begegnet sind, waren sympathisch. War es nun hilfreich, einen No-go-Führer herauszugeben, mit Warnungen, welche Gegenden in Deutschland gefährlich sein könnten für dunkelhäutige Ausländer? Ich hab darauf keine Antwort.

Ich war abends in Berlin-Lichtenberg, das gilt als besonders "no-go", und hatte großen Spaß mit Leuten beim Bier. Dazu gab es köstlichste Rouladen. Noch nie hab ich Rouladen gegessen. Doch man sagte mir, das sei unschlagbar deutsch. Sagen wir so: Das Gefühl, hier betrittst du ein gefährliches Gebiet, macht unsicher, und man schaltet automatisch die Radarwarnlampe ein. Aber es ist nicht fair, dass die schrecklichen ausländerfeindlichen Attacken einiger weniger die schlichte schöne Vornehmheit der Mehrheit überlagern.
 
stern-Artikel aus Heft 24/2006

Ghana at the World Cup in Germany: A diary

THE GHANAIAN TIMES, Wednesday, June 21, 2006, page 23

THE WORLD CUP DIARIES OF ELIZABETH OHENE (3)

FIRMLY ON THE MAP
 
HERE is a sample the questions many of us here in Germany have had to answer since the events of June 17, 2006:
So what do you eat in Ghana? Which airlines fly to Ghana, is your music like Reggae, who is your President, do you have a King, is there a Football Academy, are the streets safe, what is the shopping like, is everybody there poor, what is on your television, can I watch satellite television, when I am there, do you have elections, will you win the match against the USA and qualify for the quarter finals, what do you worship, why are you called Ghana?

And there I was, thinking with the world having grown so small now, everybody knew about everybody. The Germans seem to know quite a bit about Ghana, after all, the Ghanaian community in Germany is quite big and the name Sammy Kuffuor still sends a buzz.
 

STREETS
But then Germany is currently playing host to the whole world and therefore the people who you meet on the streets are as likely to have come from Ecuador or Poland or Brazil or Tunisia.

And all of them are wanting to know more about Ghana and it has become obvious that I did not bring enough material about Ghana: maps, kente strips, country information profile, etc. Is there a half-hour information documentary on Ghana or a definitive two page hand- out? Minister of Tourism and Diasporan Affairs, maybe you should have set up a stand here. I have been directing everybody to the Ministry of Information website and keeping my fingers crossed that it is up to date. I have made a discovery: even those who seek their information from the web are looking for something extra.
 
QUESTIONS
It is the Czechs who are asking the most questions. Losing to Ghana had not been on their agenda, but now that they have lost, they are very keen to know who we are, and so are their friends. Strange what winning one football match does. We have gone from part of the exotic brigade to one that needs to be taken seriously. Television companies are making desperate calls to their Bureau Chiefs to redirect crews to Ghana, they want footage of crowds in Ghana watching the Ghana-USA match. They want their cameras and famous anchors there to record the moment when it all happens. Suddenly the feeling is that Ghana will qualify and they want to know as much about us as possible.
 
One thing is certain: we are firmly on the map now with the footballing community and that according to FIFA, is half the world. While waiting for the next match, my group has made a journey to France (more about the train journey later). You know France is not doing particularly well so far in this World Cup; they might yet qualify, but two drawn matches is not what their teeming supporters were expecting. So when a group of five adults and two young boys clad in Ghana colours and holding Ghana flags enter France, what do we get?

The traditional chant for the France national team, "allez les Bleus" is adapted to "allez I' Afrique'. I did say we won it for Africa and if you doubted that, then come to the streets of the north eastern French city of Nancy. We are firmly on the map now and for all the right reasons and we better stay there.
 
I am hesitating about sending any curious Czechs to Ghana at the moment. Apart from the prohibitive cost of airfares to Ghana and other African countries, the Czechs are likely to be scandalised by the cost of our hotel rooms compared to what they are paying here in Germany.

PACKAGE
And then there is the little problem of transportation. I don't think they can quite understand that the welcome package at the Accra airport will not include information on the train schedules nor the vital proviso that all train and bus public transportation on match days is free. For the moment, I shall simply keep them informed that Ghana is at the geographical centre of the world, the politics and the economy are improving daily, there are twenty million football coaches, the food is fine, there are many Kings and chiefs and there is President John Agyekum Kufuor.
 
I shall omit any reference to the chaos on the streets of the cities, the clogged drains and the fact that people can build houses without permits. I shall not mention the peculiar driving habits either. I am hoping that by the time of CAN 2008, our optimism shall match our reality. In the meantime, thanks to Captain Appiah and his mates, Ghana is firmly on the map.
 
Elizabeth Ohene is a Minister of State in the Office of the President of Ghana

13. Juni 2006

Köhler wirft Westen koloniales Denken vor

SPIEGEL ONLINE - 13. Juni 2006, 17:09
(URL/Link)

Afrika

Bundespräsident Köhler hat das Afrikabild des Westens kritisiert. Dies sei oftmals wenig positiv und mit Klischees beladen. Köhler fordert: Europa dürfe Afrika nicht länger wie ein "unmündiges Kind" behandeln.


Berlin - Er sei sich nicht so sicher, dass koloniale Denkmuster tatsächlich überwunden seien, sagte Horst Köhler anlässlich der Verleihung des neunten Weilheimer Literaturpreises. In der Berichterstattung werde Afrika vorwiegend als Krisen- und Katastrophenkontinent dargestellt. Positive Meldungen gebe es kaum. Köhler wünschte sich mehr und besseres Wissen über den afrikanischen Kontinent in Deutschland. Auch Schulbücher und Lehrmittel seien noch immer beladen mit Klischees.

Der Bundespräsident äußerte seine Kritik in einer Laudatio auf den nigerianischen Schriftsteller Wole Soyinka. Eine Jury aus Schülerinnen und Schülern hat Soyinka als Preisträger ausgewählt. Die mit 7500 Euro dotierte Auszeichnung des Gymnasiums Weilheim ist der einzige von Schülern vergebene Literaturpreis.

Köhler würdigte, dass die Schüler sich bei ihrer Wahl nicht von Klischees hätten leiten lassen. Denn der Schriftsteller Soyinka sei für den Preis ausgesucht worden, weil er als afrikanischer Rufer für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie die Weltgesellschaft bereichere. Soyinka habe sich umso mehr für Menschenwürde und Freiheit eingesetzt, je stärker die Menschen in seinem Heimatland Nigeria schikaniert worden seien, sagte Köhler. Durch das Schreiben für die Freiheit sei der Schriftsteller zu einer moralischen Instanz seiner Nation und zu einem Symbol für den eigenständigen Weg Afrikas geworden, so der Bundespräsident.

Der 71-jährige Soyinka zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern Afrikas. Zu seinen bekanntesten Werken gehört der Roman "Die Plage der tollwütigen Hunde" und seine als Trilogie angelegte Biografie. Der Schriftsteller kämpft gegen korrupte und tyrannische Zustände in seiner Heimat. Mehrmals ging er dafür ins Gefängnis und verbrachte viele Jahre im Exil.

abi/AP/ddp

9. Juni 2006

Wo Piratenfischer ums Überleben kämpfen

SPIEGEL ONLINE - 08. Juni 2006, 17:30
(
» URL)
Geisterschiffe
Von Dave Walsh und Pierre Gleizes (Fotos)

Vor der westafrikanischen Küste rotten Dutzende Trawler ihrem Ende entgegen. Wo die Schiffe ihre vermeintlich letzte Ruhe finden, leben Menschen inmitten von Verfall und Verzweiflung. Der Alltag der Piratenfischer auf den morschen Kähnen ist lebensgefährlich - und überlebenswichtig.

Am Heck des Trawlers entziffern wir seinen Namen: "Zhang Yuan Yu 15". Sonst sehen wir vor allem Rost, das Schiff fällt förmlich auseinander. Das Vorschiff gleicht einem Schrottplatz. Winschen und Motoren sind unbrauchbar, zerstört, achtern ist das Deck mit ausgefransten Kabeln vermüllt. Der Mast ist gebrochen und liegt quer auf dem Peildeck. An der Reling über der Brücke ein chinesisches Schriftzeichen, ebenfalls vergammelt, das Symbol für "Glück".

Im letzten Hafen hatten wir das Gerücht von einem Ankerplatz gehört, an dem die ausgemusterten Trawler der Piratenfischer ihre letzte Ruhe finden. 130 Kilometer vor der Küste Guineas stoßen wir tatsächlich auf diesen Schiffsfriedhof. Die Wracks liegen im flachen Wasser des afrikanischen Schelfs vor Anker, offensichtlich aufgegeben von ihren Besitzern und ihrer Crew. Schon im nächsten Sturm würden die Kähne absaufen, das scheint uns klar. Womit wir nicht gerechnet haben: Auf den Schiffen leben Menschen.

Wir gehen mit unserem Schlauchboot längsseits, und Zizi, unsere chinesische Dolmetscherin, ruft den Trawler an. Ein Mann steckt verdutzt seinen Kopf aus einer Luke. Die Stimme einer Frau, hier draußen? Der Mann bahnt sich einen Weg durch die Trümmerlandschaft an Deck, um uns zu begrüßen. Sarah, unsere Fischereiexpertin, stellt die Fragen, Zizi übersetzt. Was er hier macht? Er ist der Zweite Offizier an Bord und erst vor fünf Tagen angekommen. Jetzt wartet er auf den Rest der Crew, hat aber nicht die Spur einer Ahnung, wann sie kommen wird. Der Trawler? Liegt seit wenigstens drei Monaten genau an diesem Fleck. "Ist das Schiff denn noch einsatzbereit?", fragen wir. "Ja, klar", erwidert er und zeigt auf die marode Ausrüstung an Deck. Er scheint überrascht, dass wir fragen. Wir wundern uns, dass der Kahn überhaupt noch schwimmt.

Dass diese Expedition anders werden würde als übliche Greenpeace-Kampagnen, war uns vorher klar. Das Thema dieser Etappe unserer "SOS Weltmeer"-Fahrt war der stille, vergessene Skandal der illegalen Fischerei. Gemeinsam mit der Environmental Justice Foundation, die sich für die Gleichberechtigung beim Zugang zu natürlichen Ressourcen einsetzt, und Behörden vor Ort wollen wir Piratenfischer stellen und ihr Vorgehen dokumentieren.

"IUU" heißen ihre Fänge in der Sprache der Fachleute: illegal, unregulated, unreported - also gesetzeswidrig, ohne Quote und von keiner Statistik erfasst. Wir wissen bereits, dass dieser Fisch von Westafrikas Küste zu den Kanarischen Inseln verfrachtet und dort in den westeuropäischen Markt eingeschleust wird. Die Europäische Union - und besonders die Spanier - haben bisher stets ein Auge zugedrückt, was diese Fänge betrifft. Auch das ein Ziel unserer Expedition: die europäische Komplizenschaft in diesem Geschäft aufzudecken.

Piratenfischerei klingt harmlos, ein Kavaliersdelikt. Tatsächlich aber konkurrieren die großen ausländischen Trawler, egal ob mit Lizenz oder ohne, in den Küstengewässern mit den einheimischen Fischern, die wie immer schon von winzigen Pirogen ihre Netze auswerfen. Weil die Bestände überfischt sind, müssen die afrikanischen Fischer immer weiter auf die offene See hinausfahren; wir haben sie bis zu 100 Kilometer vor der Küste gesichtet. Von den Gefahren der See abgesehen, droht ihnen ständig die Kollision mit großen Schiffen. Auf dem Radarschirm der Trawler - sofern er funktioniert - sind die kleinen Boote kaum zu erkennen.

"Kaum Gelegenheit zum Nachdenken"

Die traditionelle Kleinfischerei ist im Niedergang. Westafrika ist die einzige Weltregion, in der der Verbrauch von Fisch zurückgeht. Wir sind auf unserer Reise einem koreanischen Trawler begegnet, einem 30 Meter langen Schiff, dessen Deck zur Behausung für 200 sengalesische Pirogenfischer umgebaut war. Der Trawler diente den Männern und ihren 40 kleinen Booten als Mutterschiff, sie waren damit bis nach Liberia gedampft, um Fisch zu finden. Die eigenen Gewässer geben längst nicht mehr genügend her.
An Bord der aktiven Trawler, der legalen wie der illegalen, sind die Lebensbedingungen kaum besser als auf den Geisterschiffen. Chinesische, koreanische und afrikanische Crews haben häufig Knebelverträge unterschrieben, die es ihnen für zwei Jahre nicht erlauben, ihren Fuß an Land zu setzen. Ihre Heuer bekommt nach Abschluss des ersten Jahres die Familie ausgezahlt, nach dem zweiten Jahr auf See folgt die nächste Rate.

Eine Woche später kehren wir zu einem zweiten Besuch auf den Friedhof der Trawler zurück. Wir treffen Jia, einen 30 Jahre alten, sehnigen Mann, er lächelt uns freundlich zu. Vor fünf Tagen hat er sich von seiner Frau und seinem elfjährigen Sohn Xinyi verabschiedet. Wenn Jia ihn das nächste Mal sieht, wird Xinyi 13 Jahre alt sein. Wie geht er damit um? Er räuspert sich verlegen und schaut auf die demolierten Maschinen an Deck. "Wenn ich erst einmal am Fischen bin, habe ich kaum Gelegenheit, darüber nachzudenken."

Nachdem er zu Hause in Dalian seine Arbeit im Kohlebergwerk verloren hatte, verdingte er sich über eine Arbeitsvermittlung bei Lian Run. Das Unternehmen hat ihn samt Familie nach Conakry in Guinea geflogen, und nun sitzt er auf der heruntergekommenen "Lian Run 16". Das Schiff liegt hier schon seit September vergangenen Jahres.

Nur noch Rost und verfaultes Holz

Seine Erwartungen? Er hatte angenommen, das Boot sei neuer. Trotzdem, um seine Sicherheit macht er sich wenig Sorgen. "Trawler halten mehr aus als andere Schiffe." Außerdem will er ja nicht ewig bleiben. Er ist Decksmatrose, 6200 Dollar im Jahr soll er verdienen.

Die Backbordseite der Brücke besteht nur noch aus Rost und verfaultem Holz, sie droht jeden Moment zusammenzubrechen. Quiang, ein cooler Typ mit Sonnenbrille und langen Haaren, versichert uns, dass die Maschine wieder läuft, nur an Rumpf und Aufbau seien "noch ein paar Reparaturen" fällig. Auf der Brücke selbst finden wir nur einen Kompass und eine Kontrolleinheit für die Maschine. Das Deck ist komplett mit Rostkrümeln eingedeckt, die unter unseren Schuhen knirschen. Aufbau und Vorschiff haben einmal aus Blechen bestanden, die mit einer dünnen Schicht Beton überzogen waren. Der Zement rieselt überall von den Wänden. Alle Winschen an Deck sind unbrauchbar, wie Stacheln stehen Fransen geborstener Stahlseile aus den rostigen Überresten. Die Bordwände sind an manchen Stellen kollabiert, die rotten Bleche hochgebogen wie geöffnete Deckel einer Sardinendose.

Eine Leine verbindet die "Lian Run 16" mit einem zweiten Geisterschiff, der "Zhang Yuan Yu 17". Ihre Maschine ist nicht mehr zu gebrauchen, und der einzige Mann an Bord hangelt sich auf einem kleinen Holzfloß von einem Schiff zum anderen. Er lebt hier bereits seit sieben Monaten, sein einziger Gefährte ist ein kleiner Affe, den er gerade mit einer Kordel in dem Verschlag angebunden hat, der einmal als Klosett diente.

Als ich vom Bug unseres Schlauchboots auf die "Zhang Yuan Yu 17" klettere, rieselt Rost in meine Sandalen. Ich trete mit meinem Fuß kräftig auf und löse eine Lawine von Rost aus. Sarah ist hinter mir, zieht sich an der Bordwand hoch und hat plötzlich ein großes Stück davon in der Hand. Mir war klar, dass diese Schiffe in einem erbärmlichen Zustand sind, aber es selbst zu fühlen und den Verfall zu riechen, ist eine andere Sache.
Kun ist 30 Jahre alt, schlank und fit, er hat dichtes schwarzes Haar und ein paar fürchterliche Narben auf den Armen. Er fischt schon seit zwei Jahren vor der Küste von Guinea und hofft, dass er jetzt bald nach Hause kann. Die Lian-Run-Flotte besteht aus 40 Schiffen, der Manager ist ein Verwandter von Kun. Auf der "Zhang Yuan Yu 17" ist er Erster Offizier. Als das Schiff hier vor Anker ging, bekam er Order zu bleiben. Er hat ein Kind, das er erst zwei Mal gesehen hat, zuletzt 2003.

Die Fänge, sagt er uns, seien zurzeit schlecht. Was mit großer Wahrscheinlichkeit an den Piratenfischern liegt - wer kann schon die Entwicklung von Beständen kontrollieren, ohne zu wissen, wie viel Fisch wirklich angelandet wird? Kun hat bislang gutes Geld verdient. Wenn es lief, 1000 Dollar im Monat. Aber ob er auch für die letzten sieben Monate Heuer bekommt? "Das Schlimmste ist die Langeweile", sagt er noch, "die Zeit vergeht so langsam hier."

Uns kam es beim Besuch der Geisterschiffe eher vor, als stehe die Uhr still oder ticke gar rückwärts. Der diesige Horizont und das spiegelglatte Wasser in der Windstille der Doldrums schaffen eine unheimliche Atmosphäre der Unendlichkeit, der Ewigkeit. Unser buntes Schiff, die "Esperanza" mit ihren roten Schlauchbooten und dem Hubschrauber, wirkt zwischen den morschen Trawlern wie Besuch aus einem anderen Jahrhundert.

Arbeitsbedingungen erinnern an Leibeigenschaft

Wir lassen den Schrottplatz der Piratenfischer hinter uns und wenden uns ihren aktiven Kollegen zu, der Wirklichkeit des industriellen Fischfangs. Wir kontrollieren ein Schiff nach dem anderen, wir fotografieren, prüfen Lizenzen und versuchen, so oft es geht, an Bord mit der Crew über die Arbeitsbedingungen zu sprechen. Auf den aktiven Trawlern wird zwar regulär Heuer gezahlt, aber auch hier leben die Fischer in Verhältnissen, die an Leibeigenschaft erinnern.

Ein paar Tage später stellen wir im Auftrag unserer offiziellen Begleiter den Trawler "Lian Run 14". Wir haben einen Leutnant der guineischen Marine und einen Mitarbeiter der Fischereibehörde an Bord der "Esperanza". Sie sollen Schiffe inspizieren, die auf hoher See ihre Fänge auf Kühlschiffe umladen (ein Vorgang, der im Jargon der Seerechtler als Transshipping bezeichnet wird), und außerdem die Lizenzen der Fischer kontrollieren. Es stellt sich heraus, dass die "Lian Run 14" keinerlei Lizenz mit sich führt und auch sonst keine Papiere an Bord hat. Alle Dokumente, behauptet der Kapitän, lägen beim Agenten, der für das Schiff zuständig ist - im Hafen von Las Palmas. Am folgenden Tag eskortiert die "Esperanza" den Trawler nach Conakry, die Hauptstadt Guineas.

Schlechte Nachrichten verbreiten sich schnell, und so machen Fischer wie Kühlschiffe in den nächsten Tagen einen großen Bogen um uns. Aber dann sehen wir nachts auf dem Radarschirm eine Kette von Leuchtpunkten, einen Konvoi von Trawlern. Wir setzen unsere schnellen Schlauchboote aus, um ihn uns aus der Nähe anzusehen - und überraschen das Kühlschiff "Elpis" dabei, wie es gerade Ladung von mehreren großen Trawlern übernimmt.

Als wir unseren Suchscheinwerfer auf die Boote richten, lösen wir dramatische Hektik aus: Lautsprecher quaken, Festmacher werden losgeschmissen, und blitzschnell löst sich der Pulk auf. Die Piratenfischer löschen alle Lampen, inklusive der Positionslichter, und dampfen mit voller Kraft in die Nacht davon. Wir versuchen noch, ihre Namen zu entziffern, doch sie sind übermalt, nicht zu erkennen.

Pete, der Kapitän der "Esperanza", notiert entsetzt ins Logbuch: "Das war von allen illegalen Aktionen der Piratenfischer ohne Zweifel die allerdümmste - nachts die Positionslichter auszuschalten. Und es ist ja nicht so, dass sie uns damit leichter austricksen können; für uns bleiben sie auf dem Radar sichtbar. Aber sie sind natürlich unsichtbar für die Besatzungen der einheimischen Pirogen, die nachts in dieser Region fischen und darauf angewiesen sind, die Positionslichter eines nahenden Schiffes rechtzeitig zu erkennen."

Seltsame Zufälle

Am 6. April beobachten wir die "Binar 4", wie sie 200 Meilen vor der Küste von kleineren Trawlern Fisch übernimmt. Die Crews sehen unseren Helikopter und werfen alle Leinen los, um sich zu verdrücken - dieselbe Prozedur wie zuvor bei der "Elpis". Wir bleiben an der "Binar 4" und rufen den Kapitän über Funk. Erst will er von Transshipping nichts wissen, dann gibt er es zu. "Aus Angst vor der guineischen Armee" habe er den Fisch außerhalb der Exklusiven Wirtschaftszone übernommen. Er sei so schnell aufgebrochen, weil er "einen Funkspruch aus Las Palmas" erhalten habe, er solle schnell in den Hafen zurückkehren. So ein Zufall.

Aber das Gesetz in Guinea ist eindeutig: Transshipping darf nur im Hafen von Conakry durchgeführt werden und nur in Anwesenheit von Fischereiinspektoren. Selbst wenn die 10.000 Kisten Fisch legal gefangen sind, wie der Kapitän angibt, hat er mit seiner Offshore-Übernahme das Gesetz gebrochen.

Wir bleiben weiter im Kielwasser der "Binar 4", bis zur Hafeneinfahrt von Las Palmas. Dann lassen wir unsere Schlauchboote zu Wasser und setzen zu dem Kühlfrachter über. Mit Spraydosen schreiben unsere Aktivisten die Anklage auf den Rumpf: "stolen fish". Sechs Tage später kommen die Regierungen von Guinea und Spanien gemeinsam zu derselben Einschätzung: Die "Binar 4" ist ein Piratenfischer. Die Ladung, 200 Tonnen Fisch, ist beschlagnahmt.

Ein kleiner Erfolg. Aber es bleibt das Gefühl, nur die Oberfläche der menschlichen Katastrophe berührt zu haben, die sich vor der Westküste Afrikas abspielt. Im Gedächtnis haftet der Geruch des Verfalls auf den Geisterschiffen. Für uns ist es der Geruch der Verzweiflung.

Zurück auf dem antriebslosen Schrotthaufen "Zhang Yuan Yu 17". In der Kabine des Ersten Offiziers Kun hängt ein Kalender, jeden Tag reißt er ein Blatt ab. Daneben zwei Fotos von ihm und seiner Frau, die er seit zwei Jahren nicht gesehen hat. Mit Filzstift hat er darunter geschrieben "Endless love".
DIE AUTOREN
Dave Walsh, 33 Jahre alt, lebt als Autor und Webdesigner in Dublin. Pierre Gleizes stammt aus dem französischen Lunay. Beide kannten die Fischerei bisher nur von Hightech- Trawlern und waren geschockt zu sehen, unter welchen Bedingungen die Piratenfischer leben. Gleizes, der Greenpeace- Kampagnen seit 1980 mit seiner Kamera begleitet, berichtet, dass er "noch nie Menschen getroffen hat, die in solcher Einsamkeit ausharren. Monatelang allein, ohne frische Lebensmittel, auf Schiffen, die weder Schwimmwesten noch Rettungsinseln an Bord haben".

Übersetzt aus dem Englischen von Olaf Kanter