Diskussion über Themen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) in/mit Westafrika einschließlich (und vor allem) der politischen sowie sozio-ökonomischen Bedingungen in den Ländern und was EZ bewirken kann -- oder auch nicht -- oder ob sie aber nicht sogar schadet. ACHTUNG: In Ermangelung von Kommentaren lediglich Beiträge zu EZ-Themen. _________________________________________________________________

30. Juli 2007

Sarkozy in Afrika - neue Politik?

Vor einiger Zeit hatte ich mich über die nach wie vor bestehenden Großmachtansprüche Frankreichs in Afrika anlässlich des Abgangs von Jacques Chirac in Cannes lustig gemacht (siehe » hier).

Der Auftritt des Tausendsassas Sarkozy bzw. was er zu sagen hatte anlässlich seiner ersten Afrikareise als Präsident finde ich da schon besser, wenn nicht gar bemerkenswert, hier ein Beispiel von seinem Senegal-Aufenthalt:

(Hervorhebungen (Fettdruck) KDL) » Quelle (Le Monde)

A la tribune de l'université, le président a lancé une longue adresse à la jeunesse d'Afrique. Déclinant l'un des thèmes de sa campagne présidentielle, il a rappelé son refus d'entrer dans un exercice de repentance, parce que "nul ne peut demander aux fils de se repentir des fautes de leurs pères".

Certes, le président n'a "pas nié les fautes ni les crimes, car il y a eu des fautes et il y a eu des crimes". Avec des mots plus forts que jamais, il a qualifié "la traite négrière et l'esclavage" de "crimes contre l'homme, crimes contre l'humanité". Et il a longuement dénoncé les effets pervers de la colonisation. "Ils ont cru qu'ils étaient la civilisation (…). Ils ont abîmé une sagesse ancestrale. (…) Le colonisateur a pris, s'est servi, il a exploité, il a pillé des ressources (…). Ils ont eu tort" a-t-il scandé.

"Ils se trompaient mais ils étaient sincères", a-t-il toutefois nuancé. Plutôt que la repentance, M.Sarkozy préfère le partage, la compassion au sens premier : "Je suis venu vous dire que ta déchirure et ta souffrance sont les nôtres et donc les miennes." Puis, comme s'il cherchait à équilibrer les torts, M. Sarkozy a invité l'Afrique a faire sa propre autocritique : "L'Afrique a sa part de responsabilité dans son propre malheur : la colonisation n'est pas responsable des guerres sanglantes que se font les Africains entre eux, des génocides, des dictateurs, du fanatisme, de la corruption et de la prévarication."

Hier stimme ich nicht überein, da die inneren Kriege bzw. Failed States natürlich eine Folge der Kolonisation sind -- Aufteilung auf der sog. Kongokonferenz in Berlin auf Einladung Bismarcks in 1885 --, wo zusammengefügt wurde, was nicht zusammen gehört. Bzw. Nationen (Ethnien) getrennt wurden und zwei verschiedenen Staaten, manchmal sogar mehreren, zugeschlagen wurden. Nehmen wir Westafrika, hier die Yoruba (Benin und Nigeria). Oder noch viel eklatanter: In Westafrika waren die alten afrikanischen Reiche wie das Kalifat Sokoto West-östlich ausgerichtet, die Kolonien und späteren unabhängigen Staaten hatten eine Nord-Südausrichtung. Daher findet man heute den gleichen Namen (d.h. verwandte Familien) in Nordnigeria, Niger, Nordbenin, Burkina Faso, Côte d’Ivoire, Senegal ...). Der Côte d’Ivoire wurde es letztlich zum Verhängnis. Aber auch Liberia muss hier genannt werden. Und, und, und …

Pour le président français, c'est au sein même de l'identité africaine qu'il semble falloir chercher les freins au développement du continent : "Le drame de l'Afrique, c'est que l'homme africain n'est pas assez entré dans l'Histoire (…). Jamais il ne s'élance vers l'avenir (…). Dans cet univers où la nature commande tout, l'homme reste immobile au milieu d'un ordre immuable où tout est écrit d'avance. (…) Il n'y a de place ni pour l'aventure humaine, ni pour l'idée de progrès."

Pour cette "Renaissance africaine" qu'il appelle de ses vœux, M.Sarkozy estime que l'Afrique aura besoin de sa jeunesse : "Jeunes d'Afrique, vous devez pouvoir acquérir hors d'Afrique la compétence et le savoir que vous ne trouvez pas chez vous (…). Vous devez aussi à la terre africaine de mettre à son service les talents que vous aurez développés." "Il faut revenir bâtir l'Afrique" a-t-il lancé.

Hierzu auch lesenswert: » Sarko au Congo: A Dakar, Sarkozy était venu parler aux Africains «en ami». Il les a exaspérés. Il y avait de quoi (Claude Weill, Le Nouvel Observateur)

14. Juli 2007

Die Armen der reichen Länder geben an die Reichen der armen Länder

Mein Kollege, Namensvetter und Freund Dr. habil. Klaus Pähler, der in Abuja/Nigeria stationiert ist, hat anlässlich der kürzlich dort abgehaltenen Gouverneurs- und Präsidentschaftswahlen einen m.E. nach hervorragenden Artikel verfasst, Nigeria stolpert auf dem steinigen Weg zur Demokratie, der » hier als PDF-Datei herunter geladen werden kann. Er kommt zu folgenden, die internationale EZ für Afrika umfassenden Schlussfolgerungen (ich brauche nicht weiter darauf hinzuweisen, dass er mir aus dem Herzen spricht, und wir haben das Thema auch schon öfters in persönlichen Gesprächen – bei einem kühlen Bier, versteht sich – besprochen):
(Hervorhebungen durch mich)

Afrika steht heute – zumindest symbolisch – auf fast jeder zweiten politischen Tagesordnung. Das Schicksal von über 700 Millionen Menschen kann niemanden gleichgültig lassen. Vor allem, wenn diese Menschen vor dem eigenen europäischen Hause leben, immer nachdrücklicher anklopfen und die Haustür eines Tages gar eintreten werden. In mehr als vierzig Jahren Unabhängigkeit haben sich afrikanische Länder wie Nigeria zurückentwickelt, trotz ausländischer Hilfe in zigfacher Milliardenhöhe. Trotz eigener Reichtümer wie Öl oder Mineralien. Länder Südostasiens wie Malaysia, zur Zeit der Unabhängigkeit allenfalls gleichauf mit Nigeria, haben ohne größere finanzielle Hilfen und mit viel weniger Öl eine erstaunlich positive Entwicklung durchgemacht.

Ist es vielleicht gerade die Flut unverdienten Geldes – gut gemeinte Hilfen oder Öleinnahmen –, die die Entwicklung behindert hat? Ein Fluch des Ressourcenreichtums und ein Paradox der Hilfe? Politik und öffentliche Ämter bieten hier die Möglichkeit, schnell unermesslich reich zu werden, während die Bevölkerung im besten Falle darbt. Daher wird so hart um Zugang zu diesen Ämtern gekämpft: Sie sind eine – immer noch meist straflose – Gelegenheit zum Stehlen.

Sani Abacha hat in fünf Amtsjahren ebenso viele Milliarden US-Dollar zusammengerafft. Das sind drei Millionen am Tag. Zwei Drittel der Nigerianer müssen dagegen von weniger als einem Dollar am Tag leben. Hier liegen die Hauptursachen der Probleme jedenfalls Nigerias. Mit immer noch mehr Geld – mit einer Umverteilung von Geldern der Armen der reichen Länder an die Reichen der armen Länder, wie es in einer berühmten, Lord Bauer zugeschriebenen Wendung heißt – kann man dieses Problem nicht lösen, nur verschlimmern.

Die Menschen hier müssen endlich, mehr als vierzig Jahre nach ihrer Unabhängigkeit, die Verantwortung für sich selbst übernehmen, d.h. die Konsequenzen ihres Handelns oder eben Nicht-Handelns selbst tragen.

Dies wird nicht schmerzfrei abgehen, aber sie müssen es lernen, sonst werden sie bald in eine Globalisierungsfalle geraten, aus der es kein Entkommen mehr gibt. Afrika muss weg von seinen Kleptokraten hin zu einer wenigstens ein kleines bisschen besseren Staats- und Regierungsführung (governance) kommen. Nigeria stolpert bei dem Versuch, und noch ist nicht restlos klar, ob es stürzen oder weitergehen wird. Man kann und muss Nigeria wie Afrika dabei helfen, aus Humanität wie aus Eigeninteresse, aber weniger mit heißem Herzen als mit kühlem Kopf.