Fast genau 33 Jahre ist es her, da habe ich an der TU Hannover am Institut für Landesplanung und Raumforschung meine Diplomarbeit über ein EL-Thema geschrieben, im Fach Raumwirtschaftslehre (Christaller und seine Zentrale-Orte-Theorie lassen grüßen, oder die der Entwicklungsachsen und Entwicklungspole). Da ich dann anschließend 3 Jahre beim Regionalverband Großraum Hannover als Planer gearbeitet habe, bevor es mich nach Afrika gezogen hat, entwickelte sich mit meinem damaligen Professor, Hans Günter Barth, ein freundschaftliches Verhältnis. Er war u.a. begeisterter Segler und wir haben in seiner Jolle auf dem Steinhuder Meer so manche Partie gesegelt, allerdings auch so manche Flaute geschoben. In der Alten Moorhütte konnten wir die Flaute dann mit einem Bauernfrühstück und einem Moorgeist (oder auch mehreren, je nach Flaute), einem fürchterlichen Rachenputzer, kompensieren.
Während der Segelpartien hat er mir immer von seinem großen Traum erzählt, nach der Pensionierung auf dem Mittelmeer mit einer richtigen Segelyacht rum zu schippern. Was soll ich sagen, er hat sich diesen Traum erfüllt und seinen (Un-) Ruhestand in die Nähe von Izmir in der Türkei verlegt. Und macht seitdem als Captain Hassan die Gegend im Ägäischen Meer unsicher.
Kürzlich kam dann mal wieder ein Lebenszeichen von "meinem alten Professor" und ich habe ihn gebeten, in meinen Blog zu schauen und mir seine Meinung dazu zu posten. Ich muss noch erwähnen, dass er auch einmal für die GTZ in Jordanien gearbeitet hat, das EZ-Geschäft also von Innen kennt. Hier ist nun die Antwort, wobei sich zeigt, einmal Professor, immer Professor – mit dem Ergebnis (Bewertung) kann ich aber gut leben! Ob Afrika das kann, steht auf einem ganz anderen Blatt: aufoktroyierte Strukturanpassungsprogramme, Wirtschaftsreformen zur vollen Weltmarktintegration, Economic Partnership Agreements etc. lassen grüßen.
(Hervorhebung KDL)
Betr.: Deine Auslassungen im INTERNET zur Agrarpolitik in den USA und EU
Lieber Klaus,
ich habe alles gelesen, interessant, für mich eigentlich nichts Neues, wiewohl ich das im Großen und Ganzen unterstreichen kann.
Was hast Du denn gedacht auf welcher Basis Politik gemacht wird, insbesondere auch die Politik für die sog. Entwicklungsländer?
Sie wird hauptsächlich als ein Instrument gesehen, um den Fuß mehr oder weniger weit in der dortigen Wirtschaft zu haben … unsere Absatzmärkte von morgen wurde in der Anfangszeit unverhohlen kommentiert. Nur so lassen sich die Milliarden gegenüber Wirtschaft und Gesellschaft rechtfertigen, die wir dort hineinpumpen. Und die Lobbyisten stecken doch überall mit drin, wenn es um wichtige Entscheidungen geht, das wurde doch neulich ganz offen in der deutschen Öffentlichkeit diskutiert!
Nur, lieber Klaus, wie willst Du praktische Entwicklungsarbeit machen, wenn Du die Herrschenden ausklammern willst? Ich habe das alles damals in Jordanien hautnah miterlebt. Es wird nur das realisiert, über das es ein Regierungsabkommen gibt … und das gibt es i.d.R. nur, wenn sich die Herrschenden/Entscheider vor Ort dabei die Taschen voll stopfen können bzw. irgendwie davon profitieren.
In der realen Entwicklungsländerpolitik herrscht eine (nicht formal) unheilvolle Allianz zwischen sog. Elite und der Industrie der Geberländer vor. Natürlich haben die im Lande keinen direkten Kontakt zur deutschen Industrie, die Politik aber ist der Helfershelfer (gewollt oder ungewollt) dazwischen.
Ich kann Dir nur von meinen Erfahrungen in Jordanien berichten: in dem Augenblick, wie ich versuchte, diese Praxis zu unterlaufen, bekam ich Ärger -- verdeckt natürlich, offen wird das nicht gesagt -- mit der GTZ, die immer das BMWZ vorschob und umgekehrt.
Aber, lieber Klaus, Du schreibst im INTERNET, so also einem großen Publikum zugänglich … dann formuliere nüchterner, das ist glaubhafter, und unterlasse Worte wie verbrecherisch und ähnliche Wertungen, die Du letztlich nur vermuten kannst aber nicht begründen. Du kannst und sollst aus Deinem unmittelbaren Erfahrungsschatz heraus berichten. Es ist besser, glaubhafter und weniger angreifbar, wenn Du nüchtern Fakten aufzählst, Folgen beschreibst und Ursachen analysierst.
Generell trifft Deine Einschätzung zu, insbesondere für die gängige Entwicklungspolitik mit ihrer Verzahnung zur Wirtschaftspolitik, aber unterlasse emotionale Äusserungen, die gehören an den Stammtisch oder zum 4-Augengespräch, so etwas kannst Du dann immer wieder dementieren.
Lieber Klaus, die Menschen waren noch nie altruistisch, nur in den Gedanken von Weltverbesserern kreiste dieser Wunsch herum. Politik ist auch und besonders ein Instrument zur Durchsetzung unseres utilitaristischen Verhaltens. Du selbst profitierst davon, in dem Du als ausländischer Experte gefragt bist, bzw. dort arbeiten darfst. Ich könnte das noch viel mehr und profunder argumentierend ausführen. Aber ich bin ja emekli Professor und da schlagen wir uns mit so etwas nicht mehr all zu sehr herum. Im Prinzip habe ich dennoch immer noch viel zu tun. Gute Freunde wollen mich unbedingt dazu bringen, noch an einer der UNIs zu lehren…wozu….!?
Vielleicht ergibt sich einmal die Gelegenheit, Gedanken im Vieraugengespräch auszutauschen … kommst Du denn auch mal in die Türkei oder in die Nähe wenigstens? Wir könnten uns ja einmal treffen!
Viele Grüße
Hans Günter
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Prof. Dr.-Ing. Dr.habil. Hans Günter Barth
TR - 09400 Kusadasi/Aydin
Turkey